Medienmitteilung: Symposium: Frauen* im Literaturbetrieb
Am Samstag ist UNESCO Welttag des Buches und des Urheber*innenrechts. Neben Aktionen rund um Bücher und das Lesen geht es an diesem Aktionstag auch um die Rechte von Autor*innen. Und hier gibt es in allen Sprachregionen der Schweiz Nachholbedarf: Denn bezüglich Sichtbarkeit, Anerkennung, Relevanz und Einfluss sind Frauen* nach wie vor benachteiligt, was sich vom literarischen Kanon bis hin zur Entlohnung von weiblichen Schreibenden niederschlägt. Deshalb laden das Autorinnen-Kollektiv RAUF und der Berufsverband A*dS Autorinnen und Autoren der Schweiz am 18. & 19. Juni 2022 zu einem zweitägigen Symposium für feministische Anliegen im Literaturbetrieb ein. Männer* sind auch willkommen.
Die Vorstudie zu den Geschlechterverhältnissen im Schweizer Kulturbetrieb der Universität Basel bestätigt unter anderem, dass Frauen in Leitungspositionen untervertreten sind, dass Künstlerinnen und ihre Werke seltener Preise erhalten und dass Frauen weniger verdienen als Männer. Im Vergleich zu anderen Sparten schneidet die Literatur dabei zahlenmässig noch am besten ab. Aber: «Der Schein trügt!», so Nicole Pfister Fetz, Geschäftsführerin des A*dS Autorinnen und Autoren der Schweiz. «In der Literatur ist der Frauenanteil in vielen Bereichen zwar schon recht hoch, geht es aber um Sichtbarkeit, Machtverhältnisse oder Einkommen, ist die Situation schlicht ernüchternd.» Nach wie vor werden in Deutschschweizer Verlagen ein Fünftel weniger Werke von Autorinnen publiziert, eine über die letzten drei Jahre konstante Zahl. Lediglich 15% der aufgeführten Stücke im Schauspiel werden von Frauen geschrieben. Auch bei der medialen Berichterstattung gibt es ein massives Ungleichgewicht: Bei Buchbesprechungen werden männlichen Autoren in allen Medien – mit Ausnahme von Frauenzeitschriften – häufiger und umfangreicher besprochen: Das Verhältnis ist «2 zu 1»; im Bereich Sachbuch und Krimi sogar Verhältnis «5 zu 1». Autorinnen verdienen deutlicher weniger als Autoren, nur 8% Frauen verdienen in der Schweiz mehr als CHF 21‘000 aus ihrer literarischen Tätigkeit, bei den Männern sind es immerhin 30% – wobei 60% aller Kulturschaffenden in der Schweiz lediglich mit einem Einkommen von CHF 40‘000 pro Jahr leben müssen. In zahlreichen, auch jüngst erschienenen Anthologien, die nicht selten als Grundlage für die Literatur- oder Kanonbildung dienen, sind Frauen nach wie vor massiv in der Unterzahl. Und bei Literaturpreisen sieht die Frauenquote vor allem dann besser aus, wenn die Jury die Texte anonymisiert beurteilen muss. «Damit in Zukunft Literatur von Frauen ihren ebenbürtigen Platz im Kanon findet, brauchen wir eine Auslegeordnung und Ideen für ein besseres Gleichgewicht auf allen Ebenen des Literaturbetriebs.» Lucia Lanz, Lektorat/Öffentlichkeitsarbeit, Lenos Verlag.
Das Symposium Frauen* im Literaturbetrieb am 18. & 19. Juni im Zentrum Paul Klee kann dafür erst der Anfang sein. An den beiden Tagen widmen sich Autorinnen, Veranstalterinnen, Journalistinnen, Verlegerinnen sowie Expertinnen aus Forschung und der Literaturförderung aus allen vier Schweizer zusammen mit den Teilnehmer*innen spezifischen Problemen der Diskriminierung von Frauen* im Literaturbetrieb: Selbstvermarktung, Care-Arbeit, Honorare, Machtstrukturen oder dem (heteronormativen) Frauenbild in der Literatur.
Mit Flurina Badel (RTR, Festival LitteraturA Nairs), Christine Chenaux (Office fédéral de la culture), Reina Gehrig (ProHelvetia), Nina George (European Writers’ Council), Dana Grigorcea (Autorin, Telegramme Verlag), Sabine Haupt (Université de Fribourg), Pascale Kramer (Autorin), Lucia Lanz (Lenos Verlag), Martina Läubli (NZZ am Sonntag), Anne-Christine Liske (far° Nyon), Marguerite Meyer (SLAM ALPHAS), Nicole Pfister Fetz (A*dS), RAUF (Sarah Elena Müller & Julia Weber), Julia Reichert (Theater Neumarkt), Noémi Schaub (Paulette éditrice) & Anna Sommer (Illustratorin)
18.6., 19h: Öffentliche Lesung mit Zaher Al Jamous, Carin Caduff, Laura di Corcia, Friederike Kretzen, Dragica Rajčić & X Schneeberger
Weitere Informationen und Anmeldung: www.fairlesen.ch